Ich werde oft gefragt: „Wie kommst du eigentlich zu Bondage? Warum machst du das?“
Nun, eine einfache und durchaus ehrliche Antwort wäre: „Weil es mir Spaß macht!“
Die ganze Wahrheit ist natürlich etwas vielschichtiger und lässt sich nicht mit ein oder zwei Sätzen beantworten. Ein außenstehender Beobachter sieht in Bondage zumeist nur ein sexuelles Spiel oder einen Fetisch, bei dem es darum geht, den Partner zu fesseln und zu unterwerfen. Aber Rope Bondage ist soviel mehr als das: eine Mischung aus vielen Komponenten, die das Spiel mit dem Seil erst zur Kunst machen. Die erste und wichtigste Komponente war für mich die handwerkliche Seite. Was heute so einfach und spielerisch aussieht, musste ich mir erst erarbeiten. Das Erlernen der unterschiedlichsten Knoten, verschiedenster Muster und ihre Wirkung untereinander,und vor allem auf der Haut und am Körper, war ein langer aufregender und manchmal auch etwas zermürbender Prozess.
Viele Selbstversuche vor dem Spiegel waren notwendig, um die Komplexität der Abläufe zu verinnerlichen. Es war ein tolles Gefühl, die Seile auf der Haut zu spüren und zu sehen wie die Muster, die ich vor meinem geistigen Auge sah, tatsächlich auf meiner Haut Gestalt annahmen. Aber nicht nur Knoten- und Knüpftechniken waren entscheidend, sondern auch eingehende Materialkunde. Es galt mit unterschiedlichsten Seilen zu experimentieren, um verschiedenste Bondage – Projekte optimal umsetzen zu können. Seile gibt es aus verschiedensten Materialien, und nicht jede Seilart ist für jede Bondagetechnik gleich gut geeignet. Auch das Gefühl auf der Haut ist bei natürlichen und synthetischen Seilen gänzlich verschieden. Eine weitere wichtige Komponente ist auch die Länge des Seiles. Wenn bei komplexen Knoten und aufwendigem Bondagen am Ende ein Meter fehlt, ist das höchst unerfreulich. Genauso unschön ist es aber auch, wenn das Werk eigentlich fertig wäre, sich aber noch zwei Meter Seil am Boden ringeln.
Der nächste Schritt war es, mein neues Können auch praktisch umzusetzen. Hierbei kommt die zwischenmenschliche Komponente ins Spiel. Die ideale Partnerin schafft es dabei, meinen Kopf, also meine „handwerkliche“ Kreativität, anzusprechen. Es geht bei Bondage nicht darum, sein Gegenüber zu fixieren, zu fesseln, jemandem Gewalt anzutun oder für kurze Zeit in eine dominante oder devote Rolle zu schlüpfen. Im Idealfall sollten Gefühl, Hingabe und Vertrauen auf beiden Seiten, die wichtigsten Komponenten sein. Nicht das „Verschnüren“ des Partners ist das Ziel, sondern sein Gegenüber durch die Seile zu ergänzen. Ihr oder ihm Halt zu geben, die Person in ihrer devoten Präsenz zu vervollständigen. Meine Seile umschließen mein Gegenüber so, als würde ich sie in die Arme nehmen. Mit zunehmendem Können und ständig wachsender Erfahrung, wird auch die kreative Komponente immer wichtiger.
Ich bemühe mich immer, die Bondage bestmöglich auf die jeweilige Person abzustimmen. Dabei macht es großen Spaß stets aufs Neue unterschiedlichste Techniken, Knoten und vor allem Gesamtarrangements umzusetzen. So entsteht aus Mensch und Seil durch mein Zutun ein einzigartiges Ganzes. Und natürlich gibt es für mich auch eine sehr wichtige erotische Komponente. Mich „fesselt“ eine passive Partnerin, oder auch Partner, wenn dieser sich wirklich fallen lassen kann und sprichwörtlich Wachs zwischen meinen Seilen wird. Die Seile werden dabei einfach die Verlängerung meiner Arme und des Gefühls, mit dem ich meine Partner(in) verzaubern will. Den Körper vor mir zu sehen, umschlungen von Seilen, sich bewegend, zitternd, sich windend, die Augen geschlossen, den Mund leicht geöffnet! Ich liebe es meine Partner(in) zu spüren, über Arme, Beine, Bauch und Gesicht zu streicheln. Ihre Reaktion auf meine Berührungen, die Gänsehaut, die Erregung in den Augen meines Gegenübers und vor allem den Genuss zu sehen, das ist eines meiner Ziele. Eine technisch perfekte Bondage, in ansprechendem Ambiente, und alle Beteiligten sind fasziniert, erregt, glücklich und zufrieden. Das ist es, was mir am Spiel mit den Seilen so gefällt! Oder kurz gesagt: „Bondage macht mir einfach Spaß!“